Wenn aus Spielern, Teamoffiziellen und Drittpersonen neue Spieloffizielle werden…

Am vergangenen Wochenende (18.-20.10.19) war es wieder soweit: Anwärterlehrgang des BSA Nord in den Räumlichkeiten des SC Osterbek an der Haldesdorfer Straße.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Alle zur Prüfung angetretenen Kandidaten (21), darunter eine Kandidatin, haben bestanden und dürfen sich nun stolz Schiedsrichter/in nennen!

Ausschlaggebend für dieses einzigartige Ergebnis waren wohl die idealen Rahmenbedingungen:

Motivierte und wissbegierige Anwärter

Natürlich wäre ein erfolgreicher Lehrgang ohne bis in die Haarspitzen motivierte Teilnehmer nicht vorstellbar. Bereits in der Vorstellungsrunde zeigte sich, dass für die Teilnahme an dem Lehrgang ganz unterschiedliche Motive vorlagen. Neben dem Umstand, dass viele Vereine händeringend nach Schiedsrichtern suchen, waren insbesondere der Wunsch vermehrt Sport zu treiben, der Wille „die andere Seite“ eines Fußballspiels kennenzulernen und anderen Schiedsrichtern nachzueifern, maßgebende Gründe, sich für den Kurs anzumelden.

Angemeldet waren nicht nur aktive Spieler (die z.T. Spiele in ihren Vereinsmannschaften absagen mussten), Trainer, Betreuer und andere Teamoffizielle, sondern auch einige ehemalige Schiedsrichter, die in ihrer Auszeit der Ehrgeiz packte noch einmal auf dem grünen Rasen als Unparteiischer aufzulaufen. Eins hatten die aus allen Altersgruppen (14 bis 50 + Jahre) bestehenden Anwärter gemein: Motivation!

Das zeigte sich insbesondere daran, dass der überwiegend einzige Schiedsrichter im Raum (der Lehrgangsleiter) selten bis gar nicht durch Unaufmerksamkeiten oder unsportliches Betragen der Anwärter, sondern eher durch die vielen Fragen der Teilnehmer gefordert wurde. Auch die dadurch verursachte „Nachspielzeit“ an den Lehrgangstagen wurde ohne Meckern etc. hingenommen. Insgesamt war es trotz oder gerade wegen der Altersstruktur eine sehr homogene Truppe, die darüber hinweghalf, auch an den Wochenendtagen früh aufstehen zu müssen.

Lehrwart Leif Jischkowski

Dieses Mal nicht mit Pfeife und Karten, sondern mit Taktiktafel, Laptop + Beamer, vielen Powerpointfolien und echten Spielszenen ausgestattet, machte uns unser Lehrgangsleiter Leif Jischkowski (Vorstandsmitglied des BSA Nord) schnell deutlich, dass der Ball nicht nur nicht rund (sondern kugelförmig) und ein Spiel nur in seltenen Fällen 90 Minuten dauert.

Am ersten Abend stand die von vielen wenig geliebte Abseitsregel (Regel 11) im Vordergrund. Spätestens seit Franz Beckenbauer wissen wir, dass „Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift.“ Bleibt die Frage: Wann hat der Schiedsrichter zu pfeifen? Leif, der gleich zu Beginn darauf bestand geduzt werden zu wollen, erklärte, dass hier zwischen Abseitsstellung und Strafbarkeit dieser Stellung zu unterscheiden sei. Die meisten von uns hätten wohl fälschlicherweise von aktivem und passivem Abseits gesprochen. Nur ein Beispiel dafür, dass die Regeln den meisten von uns nur oberflächlich bekannt waren.

An Tag 2 (Samstag) begannen wir direkt damit, das (so Leif) „dickste Brett“ im Regelkatalog zu bohren: Regel 12 – Fouls und unsportliches Betragen. Neben der Unterscheidung von direktem und indirektem Freistoß (Spielstrafen) wurde uns klargemacht, wann „gelb“ und in welchen Fällen die „rote Karte“ (als persönliche Strafe) die richtige Wahl ist. Unter Berücksichtigung der Regeländerungen (zur Saison 2019/2020) wusste Leif zu berichten, dass nun auch Teamoffiziellen bei entsprechenden Vergehen eine persönliche Strafe droht. Für uns bemerkenswert waren daneben noch die Erkenntnisse, dass auch ein unabsichtliches Handspiel unter Umständen zu ahnden sein kann, und dass der Schiedsrichter nicht immer „Luft ist“.

Nach Regel 12 folgte ein wilder, aber dank Leif immer auch interessanter und verständlicher Ritt durch die verschiedenen Spielfortsetzungen und andere bis dato verborgene Ecken des Regelkatalogs des DFB, der die Taktiktafel des Öfteren zum Glühen brachte.

Ohne Tag 2 und Leifs eloquente Fähigkeiten, komplexe und komplizierte Sachverhalte einfach aussehen zu lassen, hätten wir die Prüfung (trotz allen Talents) nicht bestehen können. Insoweit gilt Leif ein ganz besonderer Dank, gerade auch für die Beantwortung sämtlicher Fragen, die ihn weder aus der Ruhe noch in Verlegenheit bringen konnten. Es hätte uns an diesem Tag, an diesem Ort, zu dieser Zeit wohl kein besserer Lehrer gegenüberstehen können.

Das zeigte schließlich Tag 3, als wir nach einer kurzen Einheit zu den Schiedsrichterassistenten (inkl. erster Berührung mit den Fahnen der Assistenten) bei der Besprechung der Hausaufgaben (69 Prüfungsfragen) zeigen konnten, dass der Lernstoff von Tag 1 u. 2 erfolgversprechende Spuren hinterlassen hatte. Insgesamt gaben einem die verglichenen Hausaufgaben ein gutes Gefühl für die anschließende Prüfung. Dennoch überwog die Anspannung – etwas unbegründet, wie das Ergebnis schließlich zeigen sollte.

Das Vorstandsteam des BSA Nord und Werner & „Geli“ Tank

Nicht weniger Dank gebührt dem weiteren Vorstandsteam des BSA Nord in Person von Alexander Teuscher, Sven Reinhart und Christian Lüders, die in der Vorbereitung 1a-Arbeit geleistet hatten, sodass sie an den Lehrgangstagen selbst eher im Hintergrund die Fäden ziehen konnten. Sven ließ es sich jedoch nicht nehmen, zumindest an Tag 3 vor die Gruppe zu treten, um uns organisatorische Dinge mit auf den Schiedsrichter-Weg zu geben. Dabei ging er insbesondere auf die Vorgehensweise und die einzuhaltenden Prozesse vor und nach dem Spiel ein und zeigte uns in diesem Zusammenhang z. B. den Umgang mit dem (Online-) Spielbericht.

Zusammen mit Werner (der vor einiger Zeit noch selbst an Leifs Stelle stand) und „Geli“ Tank sorgte das Team des BSA Nord dafür, dass es uns an den Tagen an nichts fehlte, sodass das Gehirn dank ständig vorrätiger Getränke und leckerem Mittagessen (beste Pasta Bolognese) gut arbeiten und wir uns ganz auf „unsere“ Fußballregeln konzentrieren konnten. Dafür – und auch dem SC Osterbek, dessen Räumlichkeiten wir nutzen durften, gilt ein besonderer Dank!

Ran an die Pfeife

Ohne diese erfolgversprechenden Rahmenbedingungen wäre das Ergebnis sicher nicht möglich gewesen! ABER: Nach bestandener Prüfung ist vor dem ersten Spiel!

Als wir von Leif und Martin Pfefferkorn (der als Prüfer des VSA die Prüfung abnahm) die Urkunde erhielten, war die Freude groß; zugleich wusste aber jeder, dass damit nur die Theorie bestanden wurde, die Feuertaufe erst noch bevorsteht – denn bekanntlich liegt die Wahrheit auf dem Platz (Rehagel).

In diesem Sinne möchte ich die Gelegenheit nutzen, nochmals allen neuen Spieloffiziellen zur bestandenen Prüfung zu gratulieren. Ich freue mich darauf, euch auf den Hamburger Fußballplätzen wiederzusehen.

Bis dahin verbleibe ich mit unparteiischen Grüßen und sage nur: „Gut Pfiff“!

PS: Wir freuen uns ab nun das Spielfeld betreten zu können ohne eine persönliche Strafe befürchten zu müssen. Spieloffizielle gehören schließlich nicht zum möglichen Täterkreis (Hinweis für Leif).

Ein Bericht vom neuen SR Arne Hansen (Sport-Club Eilbek von 1913 e.V.)