Fußball ist weit mehr als nur Anpfiff, Schuss und Tor

Ein langes Wochenende, zwei Referenten, 17 Regeln, 25 Teilnehmer und jede Menge Interesse: Das waren die Zutaten für den Anwärterlehrgang des BSA Nord im November. Schon der „Austragungsort“ ließ auf ein Seminar in entspannter Atmosphäre schließen: der Bewegungskindergarten-Sonnenblume des SC Osterbek. Allein diese Location war für die Mädchen und Jungs im Alter von 13 bis 43 eine lustige Einstiegs-Unterhaltung wert.

Die Motivation für die Teilnahme war bei den Anwärtern gleichwohl unterschiedlicher Natur. Der Antrieb nach Sport war es für die einen, andere wollten den Mangel an Schiedsrichtern im Verein beheben, die Jüngeren das Taschengeld aufbessern und einer setzte sich sogar das Ziel, einmal in der Bundesliga zu pfeifen. Auf der Lehrbank waren aber alle gleich. Dass die drei Tage dann wie im Flug vergingen, dafür sorgte neben den Ausbildern Leif Jischkowski und Sven Reinhart vor allem auch die gute Verpflegung von Werner Tank und seinem Team, die sich mit Hähnchenkeule, Bolognese und leckerstem Kaffee um das leibliche Wohl kümmerten.

Bei solch perfekten Rahmenbedingungen war klar, dass fast alle Teilnehmer am Sonntagnachmittag als frisch gebackene Schiedsrichter die Heimreise antreten durften.

Doch bis dahin waren eine „dicke Bretter zu bohren“, wie Leif vor allem die Regeln zum Abseits und Foulspiel nannte. Ob Betreuer, Spieler, Trainer und sogar einem „ehemaligen“ Schiedsrichter: Es wurde vielen schnell bewusst, dass Fußball doch mehr ist als nur Anpfiff, Schuss und Tor - und das den Unparteiischen in jedem Fall mehr Respekt und Anerkennung zuteil werden sollte. Denn von der Spielvorbereitung über die Platzkontrolle, der Leitung an sich bis zur korrekten Abgabe der Spielberichte ist das Aufgabengebiet der Schiedsrichter doch um einiges umfangreicher, als das der Kicker auf dem Feld.

Die Frage nach dem Abseits ist aus Tradition schon ein Fall für ausufernde Diskussionen – so auch an diesem Wochenende im Kindergarten. Doch welcher Freizeitfußballer weiß wirklich genau, wann der direkte oder der indirekte Freistoß gegeben wird? In welchem Fall sollte das Foulspiel im Einklang mit einer klaren Torverhinderung nicht mit der roten Karte geahndet werden? Oder wie ist zu entschieden, wenn weder Netze noch Eckfahnen zu Spielbeginn vorhanden sind? All diese Fragen und die dazugehörigen Antworten vermittelte Leif, der für den Vfl 93 bis zur Oberliga Hamburg pfeift, in einer lockeren Art mit vielen Anekdoten. Wenn nach vielen Stunden Regelkunde die Energiespeicher schon auf Reserve fuhren, so war dennoch zu jeder Zeit ein enormes Interesse vorhanden und der Schwall an Nachfragen ebbte selten ab. Verwarnungen oder gar Feldverweise (auf Zeit) musste Leif zum Glück nicht aussprechen.

Dank der perfekten Vermittlung des Regelwerks und einer Hausarbeit mit vielen Testfragen zum Abschlusstag, wurden die Teilnehmer bestens auf die Prüfung vorbereitet. 30 Minuten blieben dann am Sonntag für das große Finale. Und ob bestanden oder nicht, nach diesem Seminar wird jeder Teilnehmer den Fußball wohl mit anderen Augen sehen. Regeln sind kein notwendiges Übel. Im Gegenteil. Richtig angewendet sorgen sie für einen reibungslosen und dadurch für alle zufriedenstellenden Ablauf bei der wahrscheinlich immer noch schönsten Nebensache der Welt.

Vielen Dank an den BSA Nord für einen tollen, informativen und vor allem lohnenswerten Anwärter-Lehrgang.

Michael Reis
Neuer Schiedsrichter beim USC Paloma